Hallo Stine, herzlich willkommen und vielen Dank für Deine wichtigen Fragen, die ich so gut wie möglich versuchen werde zu beantworten.
1. Warum war Spayk nach dem Workshop wieder so aggressiv anderen Hunden gegenüber?
Ich nehme an, weil Du ihn ignorieren solltest und er frei nach seinem Gefühl handeln durfte. Du hast ihm auf dem WS sinnbildlich die Handschellen abgenommen, weil Du ihn ignorieren solltest. Da er bisher zu wenig Eingrenzung hatte und in seiner zum Leithund gebeamten Art inkompetent ist, denn ein Leithund ist wirklich sehr cool und geht nicht so schnell zum Angriff über, nur wenn es unbedingt sein muss, reagiert er über, wenn er die Dinge in die Hand nimmt. Das ist bei Deinem V2 anders als bei einem VLH. Bei ihm muss es nahezu immer sein.
2. Angenommen Barbara irrt sich (es gibt keine 100 %ige Sicherheit), könnte es bei forcierten Stellungsläufen mit VHL`s zu einen Doppelbesatz kommen? Kann er als alter Hund (8-9 Jahre) sich noch anpassen und neu positionieren.
Würde Barbara sich geirrt haben, dürfte man bei Stellungsläufen sehen, dass hier etwas nicht stimmt. Die anderen Hunde würden es anzeigen und man würde keine Entwicklung erkennen. Diese Entwicklungen zeigen sich schon nach wenigen Treffen.
3. Sollte man überhaupt älteren Bindehunden noch Partner zumuten? Ich möchte mich gerne im Tierschutz einbringen (ev. Pflegestelle oder Zweithund)
Diese Frage ist eine ganz wichtige. Es ist für Hund und Halter kein Zuckerschlecken, einen VLH aufzunehmen, der den eigenen Hund in die Schranken weist, und man darf seinen V2 nicht davor schützen. In der jetzigen Phase, wo Dein V2 noch keinen Leithund gewohnt ist, ist also davon abzuraten. Hier sind die Stellungsläufe eine wichtige Sache, weil Dein V2 immer nur kurz mit VLHs zusammentrifft und zuhause Zeit hat, darüber nachzudenken und sich zu entwickeln. Ansonsten würde der Druck eventuell zu stark.
Auch für Dich wird es interessant sein, wenn Dein V2 sich entwickelt. Du wirst spüren, dass nach solchen Treffen Dein Hund noch tagelang verändert ist. Außerdem wirst Du Unterschiede erkennen, mit welchem Typ VLH es besser läuft und mit welchem schlechter, je nachdem, wie die Hunde zusammen passen.
Nimmst Du uneingeschätzte Hunde aus dem Tierschutz als Pflegehunde auf, riskierst Du, dass Dein V2 diese attackiert. Das kann nicht in Deinem Sinn sein.
Wenn es Deinem V2 gelingt, einen Typ VLH wirklich gut zu finden, dann solltest Du einen solchen für ihn suchen. Wenn es ihm nicht gelingt, eine solche Entwicklung zu machen durch Stellungsläufe, sollte er einzeln bleiben.
Um das herauszufinden, braucht es mehrere Stellungsläufe, ich rechne mit ca. einem halben Jahr, bevor man etwas sagen kann.
4. Je mehr ich lese, umso verwirrter werde ich, weil jeder Ansatz einer Theorie durch so viele Einschränkungen seine Wirkung verliert.
Das ist aufgrund der Fülle der Informationen ganz normal. Wir fahren hier auch keinen Fahrplan ab, sondern schauen immer ganz individuell, was die Hunde und Menschen zu leisten in der Lage sind. So unterscheiden sich auch die Empfehlungen machmal sehr für ein und dieselbe Sache.
5. Wie „arbeiten“ Hunde nach RS in Stadtnähe, was bieten die RS `ler ihren Hunden an. Maintrailing im/mit dem Rudel?
Die Hunde brauchen, wenn sie vergesellschaftet werden, absolute Ruhe miteinander. Solange sie noch nicht hundertprozentig füreinander da sind, können Außenreize zu überflüssigen Korrekturen führen, weil hier der Druck größer wird, wenn der V2 sich verselbständigt. Deswegen wäre auch Mantrailing kontraproduktiv, weil hier nicht auf den VLH gehört wird, was er von seinem V2 möchte, sondern die Menschen die Ziele entgegen der Ordnung stecken.
Hunde, vor allem Leithunde, brauchen eine Reduktion von Reizen und Tempo, nur die Ruhe ermöglicht es ihnen, einen gebeamten V2 unter Kontrolle zu bekommen. Je mehr Ruhe herrscht, desto stressfreier und konstruktiver ist das Klima zwischen den Hunden in der Zeit der Vergesellschaftung.
So ist das mit Rudelstellungen, der Bindehund wird praktisch an den Leithund überstellt, damit die Beiden zu einem Team, bei dem der Leithund das Sagen hat, zusammenwachsen können. Hierbei muss der Halter lernen, seinen V2 auch loszulassen und künftig mit dem Leithund sich abzusprechen, diesem erklären, was man möchte (z. B, wenn die Hunde von draußen rein kommen sollen, wird nicht der V2 gerufen, nur der VLH gebeten, mit dem V2 zusammen reinzukommen).
Diese Art von Hundehaltung ist nicht jedermanns Sache, weil der Mensch hier etwas sich zurückziehen muss und lernen, wie Hundeteams zusammen wirken, wenn sie zusammen gehören.
Das nimmt Dir als Halter auch eine gewisse Verantwortung, die Du als Sozialpartner Deines V2-Einzelhundes bisher erfüllen musstest, für Deinen Hund da sein, ihn beschäftigen. Das alles macht dann der VLH, und zwar perfekt auf seine hündische Art und Weise, nicht durch Ersatzhandlungen, die wir Menschen kreieren, um eine Verbindung zu unseren Hunden zu bekommen (Agility, Mantrailing, Longieren, etc).