Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

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Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her - 11 Jahre 6 Monate her
#124769
Überall hier im Forum ist von der Entschleunigung zu lesen.


was genau das ist, kann man hier nachlesen:

www.rudelstellungen.eu/forum/228-verhalt...7622-entschleunigung


Bei den Workshops werden häufig Hunde vorgestellt, die sich rennend präsentieren, die "außer Rand und Band" sind, die unruhig und aufgedreht sind.
Manchmal sieht man auch Hunde, die sich wie "in einem Tunnel" bewegen,
und im Gespräch mit dem Halter erfährt man dann,
daß der - meist noch junge Hund - einfach von zu vielen Außenreizen überfordert wurde.
Manche (Binde-)Hunde haben sich ihre Schranke nach vorne geöffnet und laufen "aus ihrer Stellung heraus", agieren zu viel nach vorne, wozu ihnen aber die Kompetenz fehlt stellungsgemäß.
Oft erkennt man nur schwer noch ihre Stellung, weil sie nur noch wenig aus ihrer stellung heraus sich bewegen.


In solchen Fällen wird empfohlen,
den Hund erstmal zu "entschleunigen".
Der Hund soll durch die starke Reduzierung der (Außen-)Reize
wieder zur Ruhe kommen,
sich innerlich stabilisieren können und genug Zeit bekommen,
Erlebtes erstmal abarbeiten zu können gedanklich, bevor wieder neue Dinge auf ihn zukommen.

Man kann dann nach einiger Zeit dieses Vorgehens Verbesserungen bei den Hunden erkennen:
sie werden ruhiger,
sie drehen bei Außenrteizen nicht total auf,
sie nehmen sich Zeit und schauen sich Dinge genau an,
sie verändern sich in ihrer Körperspannung, zeigen sich sicherer nach außen,
sie denken erstmal nach, bevor sie handeln,
u.s.w.

Bei manchen Hunde dauert es länger, bei manchen geht es schneller -
man kann hier keine Regel aufstellen.
Es muss individuell nach dem Hund entschieden werden, wie lange man die Phase der Entschleunigung und Außenreizreduzierung aufrecht hält.


Diese Empfehlung zur Entschleunigung ist aber keineswegs ein "Allheilrezept auf Lebenszeiten"!
Man ist nicht verdonnert, das ganze Hundeleben lang nun nie wieder spazieren zu gehen,
man mus sich nicht für immer auf einer einzigen Wiese ohne jeglichen Außenreiz aufhalten!
Hier ist einfach ein gesunder Verstand gefragt.


Habe ich einen Hund, der wunderbar in seiner Stellung sich befindet,
der innerlich stabil ist,
der souverän in jeder Situation sich verhält,
der Außenreize für sich selber klar bewerten kann und
der dann Entscheidungen trifft, die in die richtige Richtung gehen,
der nicht in jeder kleinsten Situation den Kopf verliert und fassungslos wird,
der sich diszipliniert und überlegend verhalten kann,
u.s.w.,

dann kann man natürlich selbstverständlich auch mit seinem Hund wieder beginnen und spazieren gehen.

Es bedingt sich ja auch gegenseitig:
nur, wenn ich einem Hund diese Möglichkeit biete, Außenreize zu durchleben,
kann er hinterher dann innerlich alles abarbeiten und für solche Situationen für sich Lösungen erarbeiten.
Dioese Lösungen wird der hund dann beim nächsten Mal anbieten,
und ich als Mensch bewerte solche angebotenen Lösungen, und kann damit dem Hund über mein Feedback zur richtigen Lösungsfindung helfen.
So, daß der Hund sich dann immer für Lösungen entscheidet, die für die Menschenwelt akzeptabel sind.


Man darf solche Spaziergänge nicht von heute auf morgen, von null auf hundert,
übertrieben dann forcieren.

Mal geht man eben wandern , und erlebt zusammen mit dem Hund Dinge,
dann wieder macht man einen entspannten Gartentag,
oder man geht nur die gewohnte kurze Runde zuhause spazieren.

Hunde brauchen Außenreize, um sich weiter entwickeln zu können.
Aber eben in einem Ausmaß und erst in dem Moment,
wo sie auch bereit sind und aufnahmefähig,
und Erlebnisse müssen dann genug Zeit bekommen zu Verarbeitung,
damit der Hund seine Stabilität behält.


Also nochmal kurz gesagt:
Die Hunde, die wir auf Workshops erleben, sind oftmals reizüberflutet und aufgedreht.
Hier empfiehlt sich die Entschleunigung dringend.

Habe ich aber einen stabilen absolut in seiner Stellung gefestigten Hund,
dann ist es natürlich richtig,
diesem Hund auch Abwechslung zu bieten - im passenden Ausmaß.
"Geht in die Wälder und werdet wieder Menschen."
Jean Jacques Rousseau


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Re: Aw: Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her
#124839
Ich danke dir vom Herzen Calua :heart:

Ich finde, "Entschleunigen" kann auch zu geistiger und körperlicher "Trägheit" führen. Durch den verringerten Kalorienverbrauch (bei gleichbleibender Fütterung) erhöht sich das Körpergewicht, wodurch Laufen als anstrengend empfunden wird, und der Hund seine Aktivität einschränkt. Die ruhigsten Hunde sind die "Dicken", die dann ruhig neben dem Menschen herschlendern und irgendwie desinteressiert wirken.

Während einer Wanderung kann man herrlich entschleunigen, wenn man genügend Zeit einkalkuliert - dann hat man auch eine ausgewogene Mischung aus körperlicher und geistiger Aktivität.

Ich bin außerdem der Überzeugung, dass "Rennen" nicht grundsätzlich schlecht ist - wie wollen strukturierte freilebende Hunde denn sonst Wild erbeuten?

Alles, was man übertreibt ist von Übel ;)
Lieb's Grüßle
Gudrun

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* 2009 - im Haus seit: Sept. 2011

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Re: Aw: Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her - 11 Jahre 6 Monate her
#124879
Gudrun schrieb: Ich danke dir vom Herzen Calua :heart:

Ich finde, "Entschleunigen" kann auch zu geistiger und körperlicher "Trägheit" führen. Durch den verringerten Kalorienverbrauch (bei gleichbleibender Fütterung) erhöht sich das Körpergewicht, wodurch Laufen als anstrengend empfunden wird, und der Hund seine Aktivität einschränkt. Die ruhigsten Hunde sind die "Dicken", die dann ruhig neben dem Menschen herschlendern und irgendwie desinteressiert wirken.

Während einer Wanderung kann man herrlich entschleunigen, wenn man genügend Zeit einkalkuliert - dann hat man auch eine ausgewogene Mischung aus körperlicher und geistiger Aktivität.

Ich bin außerdem der Überzeugung, dass "Rennen" nicht grundsätzlich schlecht ist - wie wollen strukturierte freilebende Hunde denn sonst Wild erbeuten?

Alles, was man übertreibt ist von Übel ;)


Wenn man Entschleunigung so definiert,
wie hier im zitierten Beitrag oben im ersten Absatz geschrieben wird,

dann hat man Entschleunigung nicht verstanden.

Entschleunigung führt weder zu geistiger noch zu körperlicher Trägheit.

Und ich habe den Artikel oben nicht geschrieben,
um Menschen zu ermutigen,
ihren Hund wieder nach Hundeschul-abc "auszulasten
und herumrennen zu lassen.

Wandern mit dem Hund bedeutet auch nicht:
ich wandere, und Hund kann zusehen, wie er mitgeht.

Wandern bedeutet: ZUSAMMEN gemeinsam sich durch die Natur bewegen, dabei die Bedürfnisse des Hundes berücksichtigen.

Mein MBH hatte bei einer unserer ersten kurzen Wanderungen folgendes Bedürfnis: entschleunigen.
er blieb eine halbe Stunde lang auf einer Wiese stehen und schaute.
was schaute er?
er beobachtete, wie sich das Gras im Wind bewegt.

Er hätte auch herumrennen können, und sich "körperlich betätigen" können.
hat er aber nicht.
mein MBh ist übrigens sehr schlank.


Zur "körperlichen Ertüchtigung - rennen" in der Hundegruppe strukturiert:
meine strukturierte Hundegruppe übt gemeinsam jagen.
Dazu schlüpft mein MBH in die Rolle des zu jagenden Tieres,
und die anderen 4 Hunde fordert er dann so lange auf, bis alle geschlossen ihn "jagen".
Das ganze geht nie länger als ein, zwei Minuten.
Danach fordert MBh von den anderen Hunden wieder dizipliniertes miteinander bewegen.
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Jean Jacques Rousseau


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Re: Aw: Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her
#124882
Entschleunigung - kann ich nur unterschreiben!

Meine Hunde sind nicht dicker geworden. ;)
Meine Hunde sind nicht fauler geworden. :P

Bei uns nur positive Wirkungen.
Für Hund und Mensch :P
V3 Suse (BernerSenn-Schäfer) *2006
MBH Einstein (Border Collie) *2014
N2 Osa: (schwarzer Schäferhund) *2005
N3 Anna (Wolfstrobel-Border) *2015
NLH Igor (Wolfstrobel-Border) *2015

in Erinnerungen N3 Emma (Husky) 2005 - 2014, unser Sonnenscheinchen
und N3 Maik (Shi Tzu) 2002-2014, Mr. Wonneplüsch
immer vermissen, ewig lieben, nie vergessen

Man kann durchaus ohne Hund leben, aber es lohnt sich nicht!
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Re: Aw: Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her
#124891
Darf ich?
Ja, ich denke schon.
Seit ca. 1 1/2 Jahren praktiziere ich bei meinem MBH Entschleunigung.
Jeder, der ihn von damals kennt, wird mir bestätigen, dass er es dringend nötig hatte.
Dabei geht es aber nicht um das körperliche Entschleunigen. Das Gerenne ist nur ein Symprom.
Wir haben also angefangen zu stehen. Das heißt aber nicht, dass, nur weil mein MBH mit mir stehen geblieben ist, er dadurch entschleunigt hat.
Das fängt nämlich im Kopf an.
Und das dauert länger als das "halt einfach nicht mehr laufen"!
Durch das Stehen hat mein Hund überhaupt erst mal wieder gelernt, den Kopf einzuschalten, von daher ist es genau das Gegenteil von geistiger Trägheit.
Früher, als wir so vor uns hingegangen sind, lief er zwar mit, wurde aber etweder hektisch oder tunnelig. Jetzt ist er nach einer kurzen Zeit "Kopfarbeit" wirklich erschöpft.

Am besten sieht man jetzt, nach der wirklich langen Zeit (und bei einigen geht das bestimmt schneller), dass er nicht wegen jedem Außenreiz rennen muss. Dass er es auch nicht mehr nötig hat, wegen jeder Kleinigkeit hektisch und nervös zu werden.
Nun beobachten wir also gemeinsam Außenreize, ich erkläre ihm, wie man sich dabei zu verhalten hat, und er hat alle Zeit der Welt, die Verarbeitung für sich abzuschließen.

Natürlich rennt er auch mal. Gerade wenn er lange im Auto saß, auf eine Wiese kommt, dann gibt er auch schon mal Gas, streckt sich, spürt seinen Körper.
Aber er hat durch die stehende Ruhe gelernt, dass er nicht rennen MUSS.
Und wenn ihn etwas aufgeregt hat, kommt er um so schneller wieder runter.
(Ich hoffe, auch dieser Unterschied ist zu sehen, wenn man ihn von früher kennt.)

Unsere Steh-Spaziergänge erweitern sich seit dem Meter um Meter. Mal mehr, mal weniger. Und jedem Meter wird wiederum genau so viel Zeit eingeräumt, wie anfangs der unmittelbaren Umgebung der Haustür.
Er zeigt mir seine Bereitschaft damit, dass er sich an gewohnten Stellen weniger lange bis gar nicht mehr aufhält. Dann können wir also weiter schlendern.

Manchmal reicht ihm aber nach wie vor ein kurzer Gang um Geschäfte zu erledigen, oder er hatte eine aufregende Beobachtung gemacht, dann geht er wieder heim.
Aber nicht wie früher, hektisch, nicht wissend, was er tun soll, sondern klar und mit Ziel.

Was die Gewichtszunahme angeht, kann ich zwar bestätigen, dass er zugenommen hat, aber das führe ich auf seine runtergefahrene Hektik zurück, und er war ja auch zuvor untergewichtig trotz erhöhter Futtermenge.
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Re: Aw: Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her
#124900
Gudrun, es geht einfach nur darum, das richtige Maß für seinen Hund zu finden.
Der eine Hund ist vielleicht eh sehr gelassen und nach einigen Wochen Entschleunigung kann man ganz normal mit ihm gemeinsam spazieren gehen, der andere Hund braucht länger.

Zum Rennen kann ich nur sagen, meine MBH findet das definitiv NICHT ok. Wenn wir Hunden am Fahrrad begegnen, will sie die unbedingt stoppen. Viel zu schnell.
Auch meine beiden Hunde bewegen sich mal schneller, aber eben nicht "einfach so", sondern nur wenn es auch sinnvoll ist.
Liebe Grüße von Sanne


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Re: Aw: Entschleunigung - für immer nur noch spazieren"stehen"?

11 Jahre 6 Monate her
#124902
Ich denke, auch gerade ängstlichen Hunden tut es gut, wenn sie nicht einfach nur spazieren gehen, wo Meter um Meter ein neuer Reiz kommt (Gerüche, Geräusche, usw.), sondern sie an einer Stelle mit allen Sinnen wahrnehmen dürfen.
In dieser Situation kann man sich dann eine Lösung erarbeiten, wie man damit umgeht, dass der Hund stabiler wird.
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