Zuerst einmal: Hallo! Ich bin neu im Forum und habe bisher sehr aufmerksam und mit großem Interesse Eure Beiträge gelesen! Nun hoffe ich, ein wenig Hilfestellung bei der Einschätzung des Verhaltens meiner zwei Hunde zu erhalten (Sollte meine Frage woanders besser aufgehoben sein, schiebt sie bitte in einen anderen Bereich...)
Wir haben eine ca. 7,5-jährige Hundedame (Mischling, ggf.Pudelmix/Tibetterrier), die wir mit ca. 4 Monaten am Strand gefunden haben. Sie war schon immer ein eher zurückhaltender Hund, weicht unangenehmen Dingen (aufdringlichen Passantenhänden z.B.) fast immer aus, geht anderen Hunden fast immer aus dem Weg, "spielt" fast nie, fragt viel bei uns nach, wird bei Überforderung hektisch, geht dann nach vorn und baut sich auf und bellt, wirkt dabei aber recht inkompetent und sehr unsicher. Insgesamt ist sie ein Seelchen, das in all den Jahren nie einen anderen Hund gebissen hat, selbst wenn sie arg bedrängt wurde und in der Regel sehr behutsam korrigiert werden muss, weil sie aufmerksam alle Mimik und Gestik ihrer Besitzer verfolgt und gerne "alles richtig machen will". Sie hält viel Blickkontakt, fragt nach, züngelt, leckt uns in Ruhephasen die Hände etc. Nun wollten wir eigentlich keinen zweiten Hund (hatten auch Sorge, dass sie sich unterm dem Schrank verkriecht und nicht mehr hervor kommt, bis der Stressor endlich wieder weg ist... Sowas hatten wir auch schon

), allerdings ergab es sich (ich kürze mal ab, sonst schreib ich morgen noch), dass wir unser Herz an einen jungen (frisch kastrierten) Rüden in einer Notstation in Griechenland verloren haben. Wir versuchen es einfach, dachten wir, und holten den schönen Kerl zu uns nach Hause. Wir dachten, wir werden es ja merken, wenn es nicht klappen sollte, dann müssen wir ihm ein anderes Zuhause suchen.
Seit 2,5 Wochen ist er nun bei uns. Im Shelter wirkte er (sieht aus wie ein Colli-Afghane-Retriever-Mix?) zwar jung, sehr zugewandt, aufmerksam und etwas aufgeregt, aber, wie soll ich es anders beschreiben, auch majestätisch. Ein König an der Kette- das geht doch nicht, dachten wir und holten ihn her. Je länger er hier ist, desto mehr zeigt sich, dass er unglaublich souverän mit neuen Situationen umgeht, fast nie Angst zeigt, aber sich an der Schleppleine im Gelände auch infantiler gibt, als er mit ca. 12-15 Monaten sein sollte. Auf alle Hunde wird zugetobt, alle werden zum Spielen annimiert, die Rute wedelt so weit und schwungvoll, dass man glaubt, gleich hebt er ab, dazu ein Spielgesicht und Hüpfen. Da er von seinen 12-15 Monaten die letzten neun an der Kette mit 200 Hunden auf 500 Quadratmetern verbracht hat, muss er "angemessene Hundekommunikation" eben nochmal neu lernen, interpretiere ich.
Ich frage mich nun, ab wann ich wirklich einschätzen kann, ob die beiden miteinander klar kommen, denn seiner Stellung entsprechend verhalten tut er sich ganz bestimmt noch nicht (egal, welche er hat) und bei ihr (die selbst wenig frühe Hundesozialisation hatte) bin ich mir nicht sicher, wie gut sie sich überhaupt erinnert. Ich habe einfach Sorge, dass ich übersehe, Doppelbesatz zu haben. Die Tatsache, dass die beiden charakterlich absolute Gegensätze darstellen, spricht für mich dagegen- Was meint Ihr, kann man das so sehen?
Sie ist sehr introvertiert, er sehr extrovertiert, sie ist unsicher, ängstlich und schnell zu beeindrucken, er souverän, übermütig bis stur, sie wächtert (nicht übertrieben, sondern angemessen) in der Wohnung und draußen (jetzt eher etwas mehr seit er da ist), er öffnet dagegen kaum ein Auge, er will immer vorwärts, sie möglichst auf dem Sofa liegen bleiben, das Einzige, was ähnlich ist, ist der Bedarf an Körpernähe, das Liegen in Ecken/an Wänden und die grundsätzliche Freundlichkeit...
Zu Beißereien oder anderweitig großem Streit ist es nicht gekommen, er stupst sie manchmal sanft an der Schnauze an, sie lässt sich endlich entspannter beschnuppern, sie schlafen auch beide auf dem Sofa über Stunden nebeneinander, aber sie halten bei Schlafen einen deutlichen Abstand ein. Auf der Treppe gibt's leider das bei Doppelbesatz beschriebene Gedrängel: Er zwickt in den Hals und drängt sie ab, wieder und wieder und wieder, inzwischen ist es ihr zu blöd und sie wartet, bis er ein Stockwerk höher ist. In der Wohnung ist viel Ruhe und Schlafzeit, am See tobt er mit Altersgenossen herum und sie sieht zu, geht manchmal wächternd dazwischen (meine Interpretation), wenn meine beiden in der Wohnung mal "spielen", läuft das als Beißspiel im Sitzen ab, er zwickt ihr in die Lefze und drückt sie mit der Pfote von oben runter (er ist größer), sie beißt ihm ins Ohr, manchmal legt sie sich auf den Rücken (hab ich in 7 Jahren nicht gesehen), dann aber etwas ambivalent mit leicht eingekniffener Rute und Spielgesicht- es ist kein Spiel, was mir echte Sorge macht, aber völlig entspannt sieht auch anders aus, denke ich. Manchmal, insbesondere im Treppenhaus, glaube ich, maßregelt er sie und zwickt sie in den Rücken/Hinterteil, ich glaube, das stresst sie auch ordentlich. Häufig habe ich das Gefühl, ihr wird es "beim Spiel" zu viel und sie wünscht sich von mir, dass ich ihn zurecht weise, weil sie ja beinahe eine ältere Dame ist (wobei sie sich so verhält, seitdem sie 3 Jahre alt ist...

)
Nun frage ich mich, wie viel Zeit ich dem jungen Kerl geben soll, um anzukommen und erstmal sich, seine neue Position und seine neuen Freiheiten/Grenzen kennenzulernen, bis ich wirklich sagen kann, das geht oder es geht nicht. Ins Herz geschlossen, habe ich ihn definitiv jetzt schon. Insgesamt habe ich ein mäßig gutes Gefühl, merke aber auch, sie weist ihn weder in seine Schranken noch unterwirft sie sich wirklich und ist deshalb teilweise von ihm genervt/gestresst/überfordert. Er dagegen sieht aus, als genieße er sein neues Leben in vollen Zügen..
Soweit erstmal- das ist sehr lang geworden, entschuldigt bitte, aber ich wollte es möglichst objektiv (

)und detailliert beschreiben. Könnt Ihr damit etwas anfangen? Wie würdet Ihr das einschätzen? Ich freu mich auf Antworten!