Jeder Hund wird in einer der in der Skizze grafisch dargestellten Stellungen geboren – es ist seine Geburtsstellung. In einem Wurf der Kategorie 1 („perfekter Wurf“ = alle Stellungen sind einmal vorhanden) bzw. der Kategorie 2 („akzeptabler Wurf“ = keine Stellung ist mehr als einmal vorhanden, es fehlt jedoch eine, unter Umständen auch mehrere Stellungen) erhält er bereits in den ersten Tagen seines Lebens die Möglichkeit, sich in dieser Stellung zu professionalisieren.
Wenn man sich als Halter seine(n) Hund(e) einschätzen lässt, kann dies immer nur der erste Schritt sein … dem viele weitere folgen!! Denn es ist nicht damit getan, einige Grundregeln zu beherzigen und dann ändert sich alles … leider! Die Stellung seines Hundes ernst zu nehmen, als wesentlichen Bezugspunkt seiner Kommunikation und seines Wesens anzuerkennen, ist erst der Anfang.
Eckhunde sind die „Entscheidungsträger“ eines Rudels, im Gegensatz zu den → Bindehunden, die im Wesentlichen für die Ausführung dieser Entscheidungen zuständig sind. Zu den Eckhunden gehören die folgenden Stellungen:
VLH = Vorrang-Leithund, er schließt das Rudel nach vorn ab
MBH = Mittlerer Bindehund, er sorgt für die Trennung von Vor- und Nachrang
NLH = Nachrang-Leithund, er schließt das Rudel nach hinten ab
Sie sind die „Eck“-pfeiler eines Rudels, die die Stabilität ermöglichen. Dies hat aber nichts mit der Wertigkeit der Hunde zu tun, sondern sagt lediglich etwas über die unterschiedlichen Funktionen aus. Binde- und Eckhunde brauchen und ergänzen sich gegenseitig.
Passen zwei Hunde hinsichtlich ihrer Stellung zueinander und entscheiden sie sich nach einer Kontaktaufnahme zu einem Gemeinschaftsaufbau, beginnt das unmittelbare Kennenlernen und damit die → Arbeit an der Einbindung.
In dieser signalisieren die Beteiligten durch sich wiederholende → Abläufe und durch vertrauensvolle Unterwerfung (z.B. das Aufstellen des Bindehundes in → T-Stellung, die Akzeptanz durch den Leithund und durch anschließendes Auf-den-Rücken-legen vor dem jeweils anderen, wobei immer der Bindehund mit dieser Einheit beginnt) ihre Bereitschaft, sich in die Gemeinschaft einzubinden und für diese zu arbeiten.
Die Stellung (fast) jeden Hundes kann man anhand seines Sozialverhaltens, seines Gangbildes und seiner sonstigen Körpersprache mehr oder weniger deutlich erkennen. Da eine kurze Begegnung auf der Hundewiese dazu aber selten ausreicht, zumal Hunde sich → beamen können oder schauspielern (vgl. → Reparaturverhalten), wird eine solche Einschätzung nur unter „Laborbedingungen“ auf den jeweiligen Workshops des Vereins „Vererbte Rudelstellung der Hunde e.V.“ durchgeführt. Bei einer solchen Einschätzung läuft der Hund mit seinem Halter über ein eingezäuntes Wiesenareal und zeigt aufgrund seines Laufbilds, seines Verhaltens dem Halter gegenüber und der räumlichen Zuordnung zu ihm seine Stellung. Abschließend werden die Hunde mit einem (oder mehreren) passenden Hund(en) „gegengeschätzt“, d.h. die Hunde bestätigen sich bei einem kurzen Zusammentreffen durch Rituale und → Sozialgesten in ihrer jeweiligen Stellung.
Der Begriff Einzelgänger wird im Zusammenhang mit Rudelstellungen einerseits für Hunde verwendet, die allein in der Natur, z.B. als Streuner, leben bzw. ohne die Begleitung anderer Hunde angetroffen werden.
Andererseits wird der Begriff verwendet, um Hunde zu bezeichnen, deren Stellung in einer → Einschätzung nicht eindeutig bestimmt werden kann, da sie Verhaltensweisen sowohl der → Binde- als auch der → Eckhunde zeigen. Sie werden – wohl aufgrund der daraus folgenden zwitterhaften Kommunikation – von nahezu allen anderen Hunden ignoriert und gemieden und scheinen auch keine Gemeinschaft mit anderen Hunden eingehen zu können. Bei diesen Einzelgängern handelt es sich vermutlich um → Vorrang-Leithunde, die sich aufgrund von äußeren Einflüssen nicht → separieren konnten.
Einen wichtigen Beitrag zur inneren Stabilität eines Hundes bildet die Entschleunigung. Sie hilft jedem Hund, sich den umgebenden Reizen ohne Überforderung zu stellen bzw. sich mit ihnen in Ruhe auseinandersetzen zu können.
Welpen aus einem guten Wurf benötigen diese Entschleunigung in der Regel nicht, sie kommen mit all ihrem Wissen in die neue Gemeinschaft. Hunde, die ihr bisheriges Leben z.B. mit Hundesport, am Fahrrad laufen, mit anderen Hunden toben etc. verbracht haben, begegnen ihrer Umwelt häufig reizoffen, gestresst oder – das Gegenteil – abgestumpft und in sich gekehrt. Diese Hunde können sich konzentrierter auf ihre Umwelt einstellen und leichter in ihre Stellung finden, wenn sie Umweltreizen mit Ruhe, Distanz und Erklärungen begegnen dürfen.
Insbesondere bei einer geplanten Vergesellschaftung sollte man unbedingt für derartige Möglichkeiten sorgen (z. B. mit einem eigenen Garten), damit sich die Hunde in einer bekannten und deshalb reizarmen Umgebung auf sich und die notwendigen Abläufe konzentrieren können und nicht ständig von neuen Reizen gefordert und unterbrochen werden.
