Einschätzungen durch andere Personen

Hallo Uwe,
ich habe mich anfangs natürlich auch gefragt, warum nur Barbara Ertel in der Lage sein soll, Hunde richtig einzuschätzen.
Vielleicht hilft dir mein Gedankenkonstrukt da weiter;

Stelle dir eine Person vor, die in England englisch gelernt hat. Diese Person lebt einige Jahre mit Engländern zusammen, bekommt viele Sprichworte, spezielle Ausdrücke mit, ebenso die Original- Aussprache, ist also fast Muttersprachlerin.
Nun kommt diese Person (auf einer einsamen Insel) mit lauter Ausländern zusammen, die jeweils in ihrer Schule englisch gelernt haben, aber nie von Muttersprachlern. Jeder hat also einen anderen Akzent und anderen Wortschatz. Ganz klar findet man eine gemeinsame Basis für die Unterhaltung, aber jeder hat ja sprachliche Defizite, eine andere Aussprache und die Feinheiten der englischen Sprache fehlen. Es wird also nur eine rudimentäre Kommunikation zu Stand kommen. Nur die Muttersprachlerin wird mit allen anderen gut kommunizieren können.
Genauso ist es mit Barbara, sie kann am besten mit Hunden kommunizieren, weil sie die Sprache bei stellungsstarken Hunden lernen konnte. Wir sehen hauptsächlich stellungsschwache Hunde, die auch noch in Unstruktur leben und können daher nur wenig die Kommunikation beurteilen, weil uns nun mal viele Infos (Vokabeln) fehlen, die wir von solchen Hunden auch nicht lernen können.

Außerdem kann ich dir ein persönliches Erlebnis mit meiner Italienischlehrerin, die Italienerin ist, erzählen. Einmal hatte Eine unserer Gruppe etwas berichtet und verwendete ein italienisches Wort, das uns Deutschen allen logisch erschien, in Wirklichkeit aber eine völlig andere Bedeutung hatte, als wir alle dachten. Die Lehrerin war recht verwirrt, denn für sie ergab das Ganze keinen Sinn, wir hätten aber einen Sinn darin gesehen, da wir aufgrund unserer Herkunft anscheinend (alle!) eine Ähnlichkeit mit einem deutschen Wort bemerkten und dieses Wort für uns in diesem Kontext logisch klang, aber für unsere Lehrerin absoluter Blödsinn war.

Hoffentlich kannst du mit meinen wirren Gedanken etwas anfangen und sie in Bezug setzen zu RS.

Lieber Uwe,

ich verstehe dein Versuch hinter die Kulissen zu sehen. Mir ging es ähnlich als ich hier her kam. Auch ich wollte die Zusammenhänge verstehen und vor allem wollte ich es sehen. Und genau da ist der Knackpunkt. Viele "Neue" (ich eingeschlossen) versuchen das Thema theoretisch zu verstehen. Das klappt aber erst wenn man es sich anschaut. Und zwar live.

Ich habe mich vor einem Jahr auf das Abenteuer RS eingelassen, nicht weil ich meinen Hund nicht anders hin bekommen habe oder hin bekommen hätte, sondern weil ich gefühlt hab, dass irgendwas nicht richtig ist. Nach den ersten Entschleunigungsversuchen mit meiner Hündin war ich irritiert. Es war nicht so wie ich es mir vorgestellt habe, aber ich habe uns Zeit gegeben und nach zwei Wochen SAH ich die ersten Veränderungen. Heute (nach zahlreichen WS Besuchen) beginne ich Unterschiede zu erkennen. Vor allem bei deutlichen Hunden (sprich stellungsstarken). Aber hätte ich mir, meiner Hündin und dem Thema nicht einen Vertrauensvorschuss gewährt und es einfach probiert hätte ich das NIE sehen können.

Denn RS ist Praxis, keine Theorie.

Das weiß ich heute und sehe es jeden Tag an meinen Hunden.

Ich kann dir nur sagen, wenn es für dich halbwegs einleuchtet dass Hunde ihr Rudel strukturieren und es verschiedene Aufgaben gibt dann gönn dir einen Versuch. Eins kann ich dir versprechen und das war mir damals sehr wichtig... Es macht nichts kaputt

PS: noch kurz zum Thema B.E. Ich weiß nicht wieso immer wieder diese Frage aufkommt. Es ist doch ganz normal, dass ein Mensch mit 30-40 Jahren (wieviel es genau sind kp) mehr Ahnung hat als jemand mit drei. Egal welche Bereiche des Lebens ich angucke, da wird sowas nie in Frage gestellt. Oder traut man einem Assistenzarzt das gleiche Wissen zu wie dem Chefarzt einer Klinik? Wieso wird hier so "gebohrt"? (Das ist eine allgemeingültige Formulierung und zielt auf niemanden speziell!)

Uwe schrieb:

So wie ich das jetzt verstanden habe, scheint es dann doch sehr schwierig, Hunde richtig einzuschätzen, da der Unterschied im Hundeverhalten zwischen passenden und nicht passenden Stellungen von niemandem außer Barbara Ertel gesehen werden kann. Der Beweis dafür ist, dass sie bei Hunden stets andere Stellungen erkennt als alle anderen Konkurrentinnen. Ist das so richtig?

Wenn man versucht, nur über dieTheorie die Dinge zu verstehen, ist man gezwungen sich auf das eigene Vorstellungsvermögen zu verlassen. Schwierig wird es dann, wenn man eine visuelle Verknüpfung zu etwas herstellen will, was man möglicherweise noch nie in Echtzeit gesehen hat.
Mach es dir beim Verstehenwollen von RS nicht so schwer.
Besuch einfach mal einen WS, um ein feeling zu bekommen und bring Timo gleich mit.

Uwe schrieb: Maniok, es mag für dich alles dastehen, aber vieles mit RS ist für einen Außenstehenden wie mich eben nicht direkt verständlich, und deshalb frage ich nach und versuche die Antworten zusammenzufassen. Wo ist da das Problem?

Das Problem liegt möglicherweise darin, dass Du in Deiner Zusammenfassung verschiedene Aussagen zu einem oder zwei Kernsätzen versuchst zusammenzufügen und diese Erkenntnisse mit einem persönlichen Resumee zu untermalen. Das ist rhetorisch hübsch und durchaus unterhaltsam, wird aber der Realität nicht unbedingt gerecht.

Zerafina schrieb: Ich glaube dass alle die Fragenden hier,
aber auch grundsätzlich unsere eigene Aussenwirkung
viel zu stark das Negative fokussiert,
Schlagwort Fehlbesatz, Doppelbesatz etc.

Das zu beweisen ist viel schwieriger, als das Positive

Noch ein Beispiel:

Der Hund, der immer oben schläft, weckt uns zur Unzeit, so gegen 4°° Uhr morgens. Stupst uns an, kratzt mit den Pfoten. Als ich endlich aufstehe um nachzusehen, was los ist, führt er mich nach unten zur Terrassentür. Ich öffne die Tür, der Hund, der immer unten schläft geht raus, erbricht sich, holt noch etwas frische Luft. Als er wieder reinkommt wird er kurz abgeschnüffelt und alle gehen wieder schlafen.


Ich hätte so etwas niemals für möglich gehalten
und wer die Stellungen nicht sicher zusammenbringt,
der wird das auch nie zu sehen bekommen und nicht verstehen warum ich so fasziniert bin.

Wer in der Lage ist unvoreingenommen wirklich Hunde kennen lernen zu wollen, der lässt sich auf RS ein. Es ist eine win win Situation für beide Seiten. Man darf nur nie den Fehler dabei begehen sich einzubilden als Mensch, man selber wird jemals zum Lehrmeister.

Und es gibt zwei Voraussetzungen dafür: Man muß innerlich bereit dazu sein und man muß sich an notwendige Eckdaten konsequent halten können.

Es sind immer wieder die gleichen menschlichen Schwächen, die RS mit Negativem konfrontiert: eigene Überhöhung gepaart mit Ungeduld.

Notgedrungenes Anpassungsverhalten an Asozialität bietet keine Lehrgrundlage dafür.