Hallo zusammen,
ich bin neu hier im Forum. Auf die Seite bin ich gerade erst vor zwei Tagen gestoßen und irgendetwas hat mich gefesselt, aber das kennt der ein oder andere vermutlich auch
Wir haben uns vor drei Jahren dazu entschlossen, einen Hund bei uns aufzunehmen. Eigentlich wollten wir zu Beginn einem Tier aus dem Tierheim ein schönes Zuhause bieten, hatten dann aber Bedenken, weil wir keine Hundeerfahrung hatten. Ein Welpe schien "einfacher" zu sein - welch eine Fehleinschätzung

. Jedenfalls sind wir zufällig auf die Rasse Eurasier gestoßen - von der Beschreibung sollte er zu uns passen - und so haben wir nach einigen Wochen Wartezeit ein Ok von einem Züchter erhalten. Er wollte sich uns jedoch vorher anschauen, da er diesen einen besonderen Rüden nicht an jedermann abgeben wollte. Es sollte passen.
Wir fuhren also dahin, ganz aufgeregt, wie es wohl sein wird. Der Welpenauslauf war im Wohnzimmer aufgebaut, mit direkter Anbindung an den Garten. Die Welpen standen schon an einer kleinen Brüstung, die sie am Verlassen des Auslaufs hindern sollte. Alle schön fein in Reih und Glied aufgebaut, fünf Stück. Plötzlich kam von hinten ein Wollknoll angelaufen, drängte sich vor, schubste die anderen zur Seite und mir war klar, das ist er. Mit einem solches Selbstverständnis streckte er sich zu uns, als ob er auf uns gewartet hätte. Den Züchter mussten wir nicht mehr überzeugen. Um uns war es eh geschehen.
Unser Kleiner war schon als Welpe einer, der immer vorlief und die Lage checkte. Die Geschwister folgten ihm dann. Er war sehr lebhaft und immer überall dabei. Als er bei und eingezogen ist, änderte sich unser Leben schlagartig. Ich wollte ihn alles geben, was er braucht und verschlang Hundebücher. Im Nachhinein kann ich wohl sagen, dass das so erworbene Wissen mehr Schaden verursachte, als es dem Kleinen nutzte.
Schon einen Tag nach seinem Einzug bin ich mit ihm zur Welpengruppe. Er sollte gut sozialisiert werden. Ich weiß noch, wie er etwas verloren zu meinen Füssen stand und die anderen Welpen aus der Entfernung beobachtete. Ich schubste ihn nach Vorne, damit er mit den anderen "seinen Spaß" hat. Er lief paar Schritte und setzte sich zu Füssen eines Fremden. Hätte ich da auf mein Bauchgefühl gehört, hätte ich ihn einfach bei mir sitzen lassen. Das war einer der Momente, in denen ich das Gefühl hatte, dass unser Verhältnis einen Riss erlitten hat.
Meine Maus entwickelte sich körperlich gut und geistig war er sehr selbständig. Schon mit wenigen Wochen lief er gute 5 m vor an der Schleppleine abgesichert. Kommandos nahm er nur wenig an. Wenn ich ein Sitz verlange, machte er es meist widerwillig, ganz nach dem Motto, wenns sein muss...
Wir haben schon einige Hundeschulen hinter uns. Unsere Baustellen sind Hundebegegnungen und das an der Leine laufen. Er zieh meist, weil ich für ihn zu langsam bin. Die ersten Hundeschulen arbeiteten auch mit Druck, das heißt ich sollte ihn z.B. beim Laufen, wenn er nach vorne schoss, mit meinen Körper blockieren. Diese Art nimmt er gar nicht gut an. Die Hundetrainerin hat er, nachdem sie ihn mal mit ihrem ganzen Körper nach hinten bedrängte, absolut gemieden. Sobald sie in seine Nähe kam, machte er einen Bogen.
Die nächste Hundeschule gab mir den Tipp, dass ich ihn, wenn er zu unaufmerksam ist, in die Seite stubsen oder kneifen soll. Auch das war nichts. Wenn er schon zu aufgeregt war, half kein Stubsen und als ich ihn mal kniff, schnappte er reflexartig nach hinten und bremste kurz vor meiner Hand ab, als er wahrnahm, dass ich es bin. Das war wieder einer der Momente, in denen der Beziehungsriss länger wurde...
So landete ich beim Markertraining. Das Positive daran ist, dass ich angefangen habe, meinen Hund wahrzunehmen. Ich fragte mich, weshalb er bestimmte Sachen macht. Wieso reagiert er auf den einen Hund, den anderen lässt er links liegen. Wenn ich mal wieder das Bedürfnis hatte, ihn zu knuddeln, beobachtete ich, ob er es auch wünscht. Sobald er seinen Kopf zur Seite drehte oder züngelte, ließ ich von ihm ab, ohne es persönlich zu nehmen
Im Grunde ist er mein großer Schatz. Er ist ein selbstbewusster Rüde, der bei Hundebegegnungen ohne Leine sehr souverän ist. Ohne Leine gibt es eigentlich keinen Stress, bis auf die Tatsache, dass sein Radius sehr groß ist und er es nicht für nötig hält, auf Kommando zu mir zu kommen. Hinzu kommt, dass das hinterm Wild Hetzen seine große Leidenschaft ist

Zu Hause ist er sehr entspannt. Sobald wir jedoch draußen sind, kommt er nicht zur Ruhe. Er beobachtet alles ganz genau und sucht förmlich nach Reizen. Wenn er ein Reh erblick, ist er kaum zu halten. Er fiept und will unbedingt hinterher. Entspanntes Liegen im Wald ist ausgeschlossen. Letzte Woche saß ich über ne halbe Stunde in der Botanik mitten im Wald und wartete bis er runter fährt. Er hat sich einige Male hingesetzt, beobachtete aber weiterhin ganz konzentriert die Gegend. Mit Vorliebe setzt oder stellt er sich auch höher hin, um alles gut im Blick zu haben.
Wenn er sein Geschäft erledigt, sucht er sich auch immer eine Stelle aus, die etwas höher gelegen ist. Auch wenn es nur der Baumstamm ist
Jedenfalls bin ich gespannt, wie sich unser Zusammenleben verändert, wenn ich mich ein wenig mehr in die Rudelstellung eingelesen habe.
Welche Stellung er hat, weiß ich noch nicht und es wird noch etwas dauern, weil die Workshops, an denen wir teilnehmen könnten, leider schon ausgebucht sind.
Tja, da heißt es, sich noch etwas in Geduld zu üben.
Jedenfalls freue ich mich auf den Austausch hier im Forum