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Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242574
Beuteldieb schrieb: So, ich brauchte ein bißchen Zeit zum Nachdenken.

ich frage jetzt mal direkt....hast du die klargestellt Seite zugespielt bekommen?

Und obwohl ich ganz begeistert eingestiegen bin in das Thema RS, merke ich, daß es einige Empfehlungen gibt, die für mich und meinen Hotzenplotz schlichtweg nicht passen und gegen die Erfahrung der letzten 4 Jahre mit meinem Räuber sprechen. Grundsätzlich finde ich es klasse, wieviele HH hier sich Gedanken machen in dem Bemühen, das Miteinander mit ihrem Hund bewußt zu verbessern und zu schauen, was ihrem Vierbeiner guttut und nicht in erster Linie, was für sie selbst paßt und bequem ist. Daher muß mein Beitrag hier keiner in den falschen Hals kriegen, ich erklär hier nur mein Motiv hier auszusteigen. Und gut ist.
Ich fand aufschlußreich, daß hier im Forum praktisch erzählt wird, wie RS gelebt werden soll, denn das geht aus dem Buch nicht hervor. Aber dadurch kann ich auch erst, nachdem ich hier mehr gelesen habe sagen, mein Gefühl zu manchen Themen, ist ein anderes.
Grundlegend.
Beispiel -das Entschleunigen...- das mag man leben, wenn man mit seinem Hund allein lebt oder in Rente geht, aber unmöglich, wenn Kinder mit im Haus leben. Wie soll das aussehen, den Hund nicht durch Reizüberflutung zu stressen?

Das ist purer Stress:
Ich bin später Roller fahrend (ohne Sohn) um Caspar herumgedüst, damit er lernt, nicht aus dem „Jacket“ zu springen, wenn mein Sohn, damals noch klein, um ihn herumdüst. Das muß man üben, damit Hund liegenbleibt und sich nicht aufregt, nicht vermeiden oder den Hund ausklammern. Ich bin vor seiner Nase gerutscht und rumgehüpft, damit er nicht wie von der Tarantel angestochen auf meinen Sohn losbrettert (passiert) und den über den Haufen pflügt (bewußt). Das war ein ziemlich langer Weg und ich habe immer zum Anlaß genommen, Situationen bewußt aufzusuchen, die nicht so entspannt liefen. Und dann habe ich parallel mit Caspar Such- und Apportierspiele gemacht um z.B. seine Aufmerksamkeit weg von den Ball spielenden Kindern auf seine „Jagdspiele“ zu lenken. Caspar durfte immer mit dabei sein, aber eben gerade nicht auf den Ball zischen.

Ich lebe nicht auf einer Finca mit zig Hekta Land, die Caspar in Ruhe beschreiten und beschnuppern darf,
der Großteil der Leute hier auch nicht..... andere haben schon mal mehr als nur 10qm Garten, aber alles machbar!;)

ich hole mittags – mit Vierbeiner- meinen Sohn an der Schule ab und das ist nur eines von vielen Beispielen. Es ist Streß für die Hunde, wenn 100 Grundschulkinder gleichzeitig die Treppe runterstürmen..., es ist Streß, gemeinsam auf einem Kinderspielplatz zu sein mit hüpfenden , rennenden Kindern, die laut und fröhlich sind. Keine Frage. So ist das Leben und es ist mir dennoch nie in den Sinn gekommen, Caspar nicht mitzunehmen...ihn im Auto zu lassen...oder gleich zu Hause... Im Gegenteil, Situationen, die wuselig sind, habe ich immer als Anlaß genommen, Abschalttraining zu machen und sie parallel mit den Hunden zu bespielen, damit die das als was Positives abspeichern.

Eines Tages ist dein Hund so überdreht, dass er sich ein Ventil suchen wird, wenn du mal aus welchen Gründen auch immer dein "Ausgleichstraining" nicht bietest, bzw dein Hund wird früher alt und krank, weil so viel Energie zu verschwenden einfach völlig unnatürlich für einen Hund ist.

Es wird erst ein ausgedehnter Spaziergang in Wald und Wiese gemacht und dann...z.B. der Zoo besucht, oder ein anderer Rummel.

puuuuuhhhhh.....Rummel, sollte er dabei ständig hecheln.....interpretiere das bitte nicht als glückliches Lächeln....

Dann gibt es in den Situationen etwas besonders Feines zu knabbern, damit es mit etwas Angenehmen verknüpft wird trotz unruhigem Umfeld. Caspar hat nur dann Streß, wenn er nicht mitdarf, er außen vor bleiben soll. Und das habe ich von klein auf mit diesem extrem reizempfindlichen Hund gemacht, der in ganz vielen Situationen heute souverän ist, sich sicher zeigt, cool bleibt, obwohl er schlecht geprägt war durch mangelnde Sozialisation. Es entspricht nicht der Realität, daß Welpen nachher nur unter ihresgleichen „arbeiten“ dürfen – sie treffen auf viele Umweltreize mit ihren Menschen und wie bitter, wenn sie die nicht kennenlernen können, weil sie ungestört bleiben sollen. Wie sollen die nachher im Aufeinandertreffen mit ihren Menschen und der Umwelt souverän reagieren, wenn sie nichts kennengelernt haben? Halt ich für echt für grenzwertig. Ich bin sicher, die Züchter, von denen wir unseren Großen haben, hatten von RS noch nichts gehört, dennoch genau das gemacht, die Welpen in Ruhe gelassen und fern von Reizen großgezogen. Vielen Dank! Ich durfte das in den ersten 3 Jahren auf die harte Tour nacharbeiten, ich würde nie wieder einen Welpen so fernab im Kuckucksei aufwachsen lassen wollen. Das prallt dann mit der Realität im eigentlichen Sinne aufeinander.
Ich bin später Roller fahrend (ohne Sohn) um Caspar herumgedüst, damit er lernt, nicht aus dem „Jacket“ zu springen, wenn mein Sohn, damals noch klein, um ihn herumdüst. Das muß man üben, damit Hund liegenbleibt und sich nicht aufregt, nicht vermeiden oder den Hund ausklammern. Ich bin vor seiner Nase gerutscht und rumgehüpft, damit er nicht wie von der Tarantel angestochen auf meinen Sohn losbrettert (passiert) und den über den Haufen pflügt (bewußt). Das war ein ziemlich langer Weg und ich habe immer zum Anlaß genommen, Situationen bewußt aufzusuchen, die nicht so entspannt liefen. Und dann habe ich parallel mit Caspar Such- und Apportierspiele gemacht um z.B. seine Aufmerksamkeit weg von den Ball spielenden Kindern auf seine „Jagdspiele“ zu lenken. Caspar durfte immer mit dabei sein, aber eben gerade nicht auf den Ball zischen. Andersherum haben die Kinder ganz klare Grenzen gekriegt, was Tabu bei den Hunden ist, daß ihre Ruhezonen unangetastet bleiben, etc.
Es wurde immer wieder angemerkt, daß „Hund“ diese vom Menschen konzipierten Spielchen nicht braucht, Das ist richtig, wenn man ihn oder sie in Isolation und Ruhe allein spazieren gehen lassen kann, mit dem normalen Alltag hat das aber wenig zu tun. Da erweisen sich die verpönten Spielchen als durchaus nützlich, denn sie ermöglichen dem Hund in einem unruhigen Umfeld mit seiner Aufregung irgendwohin zu können. Es ist ein Ventil, um die Anspannung wegspielen zu können, den „Dampf“ loszuwerden.Es hilft, wenn es mal hektisch zugeht., man den Hund nicht im luftleeren Raum fernab von anderen Hunden und Menschen entspannen lassen kann.
Ich kann Caspar egal, ob am Bahnhof, im Fischereihafen oder im Zoo mit kleinen Suchspielchen ablenken und er entspannt über das Spielerische, egal, was um ihn herum los ist. Nun wird der ein oder andere sagen, ja, aber dann hat er ja keine Zeit alles um ihn herum zu bewerten. Mag sein, daß das für ein phlegmatischen ruhigen Zeitgenossen so sei, für einen Wirbelwind, der sich sonst aus Aufregung hochschießt, weil er besonders sensibel ist, mag das konstruierte bekannte Spiel ein Segen sein, denn es verhindert, daß die Aufregung hochkocht, das Umfeld wird nicht so wichtig. Er hat etwas Vertrautes, das Sicherheit gibt. Ich habe einen Junghund, der so explosiv war, daß ein Ausbruch garantiert, nur der Zeitpunkt ungewiß war, damit zu einem Miteinander bringen können. Heute ist er total klasse mit meinem Sohn (mittlererweile 7J.) unterwegs, er achtet auf ihn, die Zwei sind ganz vertraut und auch oft ruhig miteinander. Ich habe totales Vertrauen in diesen Haudegen, aber das hat viele kleine Chaossituationen des Lebens gebraucht, damit daß so möglich wurde. Und nie war da ein Abschirmen, Reizreduzieren Teil des Weges. Wir haben versucht, aus Chaossituationen fürs nächste Mal zu lernen, es besser zu machen.
Wenn ich Caspar langsam des Weges schnüffeln lasse...schnüffelt er sich weg und fest, achtet null auf seine Menschen, markiert in einer Tour und selbst der nächste Mensch, der von weitem auftaucht, hat einen neuen Markierstrahl zur Folge...daß das klar ist, das gesamte Territorium hier ist meins..habe hier die Hoheitsrechte...von hier bis Lummerland. Steht ein Auto am Wegesrand, wo sonst keins steht, grollt er, das hat hier nichts zu suchen...in seinem Revier. Vielleicht ist er ein bißchen größenwahnsinnig, auf jeden Fall sehr territorial veranlagt, obwohl kastriert, und es tut ihm defenitiv nicht gut, wenn ich ihm das gemäß „Entschleunigungstheorie“ durchgehen lasse. Er spult sich dann auf und markiert wortwörtlich den großen Max.
Ich werde also weiter auf meinen Bauch vertrauen, seine Aufmerksamkeit mir erarbeiten zu müssen und werde dann die Sternstunden ernten und genießen.... und die Chaosstunden zum Anlaß zu nehmen, beim nächsten Mal eben noch feiner auf xyz zu achten und seine Körpersprache im Blick zu haben und die echten „Jagdausflüge“ nicht zustandekommen zu lassen.
Ich habe uns abgemeldet vom WS, weil ich nicht vorhabe, meinen selbstbewußten Springinsfeld mit -mir- völlig fremden Hunden laufen zu lassen. Das habe ich seit 4 Jahren tunlichst vermieden, Caspar hat Hundekontakte mit mir bekannten Hunden, die paralleles Arbeiten gewohnt sind und respektvoll miteinander sind und ähnliche Strukturen kennen. Ich habe ein ungutes Bauchgefühl, ihn jetzt auf einmal mit völlig fremden Hunden zusammenzulassen, deren Besonderheiten ich überhaupt nicht einschätzen kann. Wie paßt das zu dem Meiden fremder Hundkontakte? Vielleicht hab ich aber auch schon zuviel Casparliches angenommen und verlaß mich gern auf mein eigenes Urteil …. und geh dann eben gucken im Zweifel. Hat Vor- und Nachteile. Wir sind nicht so gut im Folgen wir Zwei...aber im Entdecken... :) Ich habe einen tollen, manchmal anstrengenden, aber herrlich authentischen Hund an meine Seite bekommen und ob er nun V2 oder VLH oder XYZ ist, ist mir erstaunlicherweise nach der ersten Aufregung um RS nicht mehr wichtig, die Basis muß stimmen.
In diesem Sinne wünsche ich Allen, die hier Engagement zeigen ein gutes Händchen bei dem Weg zu mehr Nähe mit ihrem Hund und auch den Mut bei sich zu bleiben, wo es nicht paßt.
Tschüß sagen Michaela und Caspar.

Letztendlich finde ich dass sehr schade, was du deinem Hund alles zumutest.
Das Gegenschätzen auf unseren WS hat nichts mit undifferenzierten Treffen nicht passender Hunde zu tun.
Wenn die Stellung nicht passt, weil der einzuschätzende Hund sich überhaupt nicht zeigt, weil er durch massives konditionieren und funktionabel machen, total aus der Spur ist, wird dem Gegenschätzhund ganz klar gesagt, wenn das nicht passt, gehe aus der Situation raus. So wird die Situation für alle einfacher, denn für die Gegenschätzhunde ist das oft eine Zumutung, vor allem wenn Leithunde, die in sich ruhen sollten, sich aufbauen sollten, wie ein Häufchen Elend auf den Platz kommen!

Ich wünsche dir auch auf deinem weiteren Weg alles Gute. Denk dran, wenn die Probleme mit deinem Hund stärker werden.....da hilft dir auch keine Hundeschule mehr :)
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242592
Hallo Beuteldieb :)

Eigentlich schreibe ich nicht gerne zu solchen Themen, aber bei dir möchte ich mich doch einmal mit einmischen. Und zwar, weil mir das, was du von Anfang an geschrieben hast soooo bekannt vorkommt. :kiss:
Ich habe auch viel Trubel zu Hause und unser Bobo war auch überall dabei. Habe auch Beutelsuche von 8 Wochen an mit ihm gemacht und so versucht Bobo von Reizen abzulenken. Und ich habe auch das Gefühl gehabt, mein Hund ist glücklich und wir haben eine wunderbare Beziehung, was ja auch nicht ganz falsch war. Dann habe ich den Workshop besucht, mehr aus Neugierde als aus echtem Interesse, und es stellte sich heraus, dass es meinem Hund eben leider doch nicht so gut geht. Ich war erst einmal verzweifelt und wäre am liebsten nicht mehr bei RS geblieben. Dank der Unterstützung eines lieben Menschen habe ich aber dann sogar einen 2. Hund aufgenommen und versuche nun RS so gut es geht umzusetzen. ABER: Es ist sehr anstrengend und man hat wirklich ein anderes Leben. Man wird aber belohnt wenn man sieht wie der Hund von einem Energiebündel zu einem ruhenden Hund werden kann der sich im Wald eine Stunde hinlegt und guckt, schnüffelt und alles in sich aufnimmt. Das wäre früher undenkbar gewesen wenn ich es ihm nicht angewiesen hätte mit Platz und bleib. (Rennen kann er aber immer noch gut! :woohoo:)

Ich glaube, dass es bei mir fast ein Zufall war, dass ich nun so anders lebe denn eigentlich wollte auch ich keine grossen Veränderungen. Aber ich bin, je länger um so mehr, sehr froh, dass ich diesen wirklich mutigen Schritt gewagt habe es zu probieren. ABER, das ist wirklich kein Weg für Jeden denn es braucht sehr viel Veränderungsbereitschaft. :ohmy:
Herzliche Grüße von Maike
mit
Zora N3, *9/09 (Australian Cattle Dog, 17 kg)
und
Bobo NLH, *6/11 (Bearded Collie, 28 kg)
(vergesellschaftet seit 12/14)

Humor und Geduld sind Kamele, die uns durch jede Wüste tragen.
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her - 10 Jahre 5 Monate her
#242605
Ein schönes Tagebuch und danke, dass du deine Gedanken für die Entscheidung der Absage des WS hier geschrieben hast. Keine Ahnung, ob du noch hier liest . . .

Ich kann dich teilweise verstehen.
Auch ich habe im letzten Januar meinen ersten Hund in mein Leben gelassen.
Eine neunmonatige jagdlich sehr ambitionierte Hündin . . .
Viele der Probleme - fehlende Abrufbarkeit, Leinenaggression, Hysterisches Bellen, Mobbing von anderen Hunden - habe ich darauf geschoben, dass ich sie ja nicht schon als Welpin hatte, dass sie in der Pubertät ist oder dass ich nicht genug Erfahrung habe.
Unzählige Hundeschulen, Trainingsvarianten, Bücher, Ratgebersendungen, DVD, Internetrecherchen, Einzeltrainer, Hundesitter, Utensilien später landete ich hier und ging erstmal wieder.
Mir war der WS zu teuer, aber vor allem örtlich zu weit weg und irgendwie war hier alles anders . . .
Dann lief meine Hündin - nicht jagdlich bedingt - weg, ließ sich nicht wieder von mir einfangen.
Da wurde mir bewusst, dass ich nie den Zugang zu meiner Hündin über Leckerlie oder Spielzeug kriegen werde. Wie sollte das auch interessanter sein als ein Reh, Hase oder die Freiheit?
Nun war die Zeit reif, ich bereit für einen neuen Weg und die Aussicht auf einen WS im Norden . . . Zur Vorbereitung las ich noch sehr intensiv im Internet, stolperte über Berichte und Meinungen, die mich sehr verunsicherten. Aber . . . ich hatte soviel ausprobiert und in bisher erfolglosen Beratungen investiert, da kam es mir auf einen weiteren möglichen Fehlversuch nicht an. Auch bin ich ein Mensch, der gern seine eigenen Fehler macht und Warnungen und Ratschläge nicht so ungeprüft für sich übernimmt.
Wir starteten neu. Ich ließ mich darauf ein, musste an mir arbeiten, geduldiger sein, ruhiger und präsenter werden ohne Hilfsmittel, mich meiner Hündin nähern, Regeln aufstellen, nicht den Hund beherrschen wollen, loslassen können und gegenseitiges Vertrauen aufbauen, mir und dem Hund Raum geben, nicht 100% funktionieren zu müssen, klarer sein in meinem Handeln, neue Wege gehen, anders sein, mich abgrenzen, zur Ruhe kommen, den Hund Hund und nicht nur Teil meiner Freizeit sein lassen und vor allem nicht nur Trainingstips abspulen und alles perfekt machen wollen. Das war und ist nicht einfach.
Und ich bin noch lange nicht am Ziel.

Mein Blick für meine Hündin veränderte sich. Ich nahm ihre frühere Hyperaktivität als Stress und ihre damalige Ruhe nach Hetzen im Wald als Erschöpfung wahr und erkannte die Ursachen. Meine Beschäftigungen mit ihr lenkten sie zwar vom Jagen ab, aber machten sie nicht gelassener und entspannter. Das Laufen mit anderen Hunden machte ich eigentlich nicht ihr zuliebe, sondern irgendwie zu meiner Beruhigung, da Hund doch möglichst viele Sozialkontakte braucht. Wenn sie die Wahl hatte, lief sie allein weit aus der Gruppe, rannte gehetzt von dem anderen - bekannten - Hund weg, zog den Schwanz ein oder schnappte. Wir machten mit Entschleunigung auf unseren einsamen Spaziergängen weniger, aber waren mehr miteinander verbunden.
Sie reagierte auf mich, lief nicht weg (zur Sicherheit brauche ich für meine Ruhe noch die Schlepp), blieb in meiner Nähe bzw auf mein Bitten (!) kam sie wieder dichter, nahm meine Angebote für Aktivitäten an.
Das, was ich mit monatelanger grosser Anstrengung, Krafteinsatz, Ehrgeiz und Energie nicht erreicht hatte, entwickelte sich etwa innerhalb der halben Zeit mit so viel weniger und hat Bestand.

Grundlegend anders in meinen Augen versuche ich mal am Beispiel vom Bellen zu beschreiben.
Meine Hündin durfte als Beschäftigung allein auf dem Balkon oder drinnen vor der Balkontür liegen. Sie kläffte, sowie sich auf der Straße etwas ereignete, wenn ein - auch bekannter - Hund vorbeiging, sträubte sich ihr Nackenfell und ihr Bellen wurde hysterisch und sie nicht mehr ansprechbar. Nun versuchte ich viele verschiedene Erziehungsmethoden: Leckerlie, Futterbeutel, Suchspiele, Kauteile zum Ablenken, Leckerlie zur Bestätigung, wenn sie ruhig war, es wurde mit Bekannten geübt, schimpfen, AUS, in die Wohnung rufen und fürs Kommen mit Futter oder Spielen belohnen, die Blumenspritze, lautes Klatschen, körperlich vom Balkon drängen, an der Leine haltend und dann wegführen oder den Reiz durch Stubsen ohne Bellen aushalten lernen
Ergebnis: Sie durfte nicht mehr auf den Balkon und ans Fenster kam eine Jalousie.

Mit RS - was ja keine Erziehungsmethode ist - schaute ich mir die Situationen in Ruhe mit ihr an, setzte mich zu ihr, hielt sie bei einem Reiz an der Brust und erklärte ihr, was da unten los war, warum die da laufen, das die es dürfen, wir hier oben sicher sind, sie entspannt in der Sonne liegen kann, nicht aufpassen muss, weil die von unten nicht hochkommen, ihr die Straße nicht gehört, dass Bellen die Nachbarn stört, das es andere Wege (Knurren, Weggehen) gibt, die Situation zu verarbeiten . . . wenn es die erste Zeit noch zum Bellen kam, ging ich zu ihr, erklärte und bewertete erneut, holte ich sie auch mal vom Balkon und erläuterte, dass es sich nicht höflich ist, andere Menschen und Hunde von oben anzubellen und damit zu erschrecken und sie deswegen jetzt nicht mehr auf den Balkon dürfte.
Das Bellen vom Balkon passiert nicht mehr bei Alltagsroutinen, höchstens ein Knurren, was sie aber nicht auf dem Balkon macht, sondern mir gegenüber in der Wohnung äußert - es sei denn eine bestimmte Hündin ist direkt vor unserer Tür. :evil:
Für mich erklärt es sich so, dass sie meine Erklärungen verstanden hat, sie blendet die Reize nicht aus oder hält sie unter Stress oder mit Druck aus, sondern kann sie einordnen. Sie hat gelernt, welches Verhalten für sie sinnvoll und aus Menschensicht wünschenswert ist, ohne es mit einem Ersatzverhalten zu kompensieren. Das ging nicht von jetzt auf gleich und brauchte auch Zeit, aber es war soviel mehr ein Miteinander als das Training davor, auch wenn ich mal geschimpft habe.

Das ist für mich so faszinierend gewesen, dass ich dran bleibe, egal ob es das direkte Umfeld versteht oder nachvollziehen kann.

Was mir heute noch Gänsehaut verschafft . . .
Sie läuft schnüffelnd an der Schlepp vor mir her, ich schaue zur Seite, sehe einen schräg liegenden Baum und denke, der wäre toll zum Klettern - sie sprintet zu dem Baum und erklimmt ihn.
Für mich war es ein Zeichen, dass sie endlich bei mir angekommen ist.

Dafür hat sich der Verzicht auf die bisherige "Normalität" gelohnt. Es ist kein leichter Weg, weil er anders ist und viele Ansprüche unserer heutigen schnelllebigen Zeit nicht erfüllt.
Aber es tut gut - Mensch und Hund.
Letzte Änderung: 10 Jahre 5 Monate her von Nema.
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242610
Ja, der neue Weg tut sooo gut, auch wenn wir nur einen Hund haben. Mensch und Hund genießen diese Partnerschaft ohne Bespaßung und Leckerlis. (Die hat er mir sowieso öfter vor die Füße gespuckt.) Wenn ich manchmal einen Rückfall auf die "Bespaßungslinie" bekomme, zeigen mir seine Augen den Stress und das Gute daran ist, dass ich das jetzt endlich sehen kann !
Hotzenplotz, ich wünsche dir (und noch mehr deinem Hund), dieses Sehenlernen, was ist Stress und was tut ihm wirklich gut. Viel Freude an/mit deinem tollen Großen.
Imke

Tarek MBH,stellungsfähig, geb.7.2.2011,
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her - 10 Jahre 5 Monate her
#242625
NicoleMaja schrieb: Ein schönes Tagebuch und danke, dass du deine Gedanken für die Entscheidung der Absage des WS hier geschrieben hast. Keine Ahnung, ob du noch hier liest . . .

Ich kann dich teilweise verstehen.
Auch ich habe im letzten Januar meinen ersten Hund in mein Leben gelassen.
Eine neunmonatige jagdlich sehr ambitionierte Hündin . . .
Viele der Probleme - fehlende Abrufbarkeit, Leinenaggression, Hysterisches Bellen, Mobbing von anderen Hunden - habe ich darauf geschoben, dass ich sie ja nicht schon als Welpin hatte, dass sie in der Pubertät ist oder dass ich nicht genug Erfahrung habe.
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Hallo Nicole
ich habe Deine Stellungnahme gelesen und vieles entspricht auch unserer Geschichte mit MBH Miro. Kannst Du Dir vorstellen den Text anonymisiert bei RS aktuell oder RS Praxis einstellen zu lassen. Was meinen die Moderatoren dazu? Ich finde das eine typische Geschichte, wieso und wie HH zu RS kommen.
Liebe Grüsse, Hanna

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Das Aufnehmen der Hunde in sich und die Berücksichtigung der Individualität der Hunde innerhalb ihrer Stellung, das ist ein Weg den jeder mit seinen Hunden für sich erarbeiten muss.
Letzte Änderung: 10 Jahre 5 Monate her von Sina.
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242626
Etwas OT hier im TB:

@Sina
Danke dir ;)

Ich wollte sowieso im öffentlichen mein Tagebuch mit Einzelhund einstellen.
Wenn ich den Text überarbeitet habe, könnte der natürlich auch unter eine andere RS-Kategorie.

Im Beitrag zu den RS-Rubriken werde ich es dann reinsetzen und den Mods zur Veröffentlichung geben.
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242871
Danke für eure Geschichte, NicoleMaja!! ..und für das feedback.
Vielleicht habe ich meinen Weg mit Caspar zusehr mit alten Geschichten belastet, ich weiß, daß ich das erste Jahr ganz vieles falsch gemacht habe mit ihm. Bis ich erkannt habe, daß er mehr Ruhe braucht, und es bei allem darum geht, Aufregung zu vermeiden und Streß rauszunehmen, trotz der manchmal hektischen Umwelt, trotz der wuseligen Alltagssituationen mit den Kindern.
Seitdem sind viele unserer Probleme „Geschichte“,die Anforderungen an seiner Seite zu bestehen, liegen darin eben immer genau diese Ruhe und Souveränität zu haben und „echt“ zu sein und darum bemühe ich mich täglich.
Er zeigt mir den Weg und ich bin besser im Beobachten geworden – und da sich unser Verhältnis in so vielem so entspannt hat und vertrauensvoll ist, tu ich mich schwer damit, den eingeschlagenen Weg als so grundverkehrt anzusehen.
Da fällt es mir dann schwer, Sätze stehen zu lassen, wie
>Ein Hund und ein Mensch, absolut losgelöst von einander. Von Gemeinschaft Mensch-Hund, kein einziger Ansatz.<
..und ich werde diese -für mich erstmalige- Erfahrung, mich an einem offenen Forum zu beteiligen und „frei Schnauze“ meine Gedanken öffentlich zu machen, wohl nicht so schnell wiederholen.
Aber es waren auch viele interessante Anregungen dabei und darüber habe ich mich gefreut.
Als kleinen Gruß ein Bild von heute, das vielleicht besser rüberbringt, daß wir -wennauch nicht immer- dennoch auch oft entspannt unterwegs sind.

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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242897
Danke Beuteldieb. :hug:

Stimmt, deine Erzählungen beinhalteten eure Gemeinsamkeiten und die gelebte Einheit nicht wirklich.
Es zeigt sich nun ein etwas anderes Bild ;) Schön, dass es euch gut miteinander geht.

Mir fiel es hier im Forum auch erst schwer und manches trifft mich heute noch.
Dabei entdecke ich Missverständnisse, eigene Befindlichkeiten und ganz viel Menschliches, wie überall im Leben. So kann ich wieder meinen Frieden finden und mich auf meine Hunde konzentrieren.
Das geschriebene Wort enthält keine menschlichen Sozialgesten. :lol:
Die Smileys helfen manchmal etwas den möglicherweise gefühlt rauhen Ton zu mildern.

Es ist für eine immer wieder interessante Erfahrung, meine Beschreibungen durch andere Augen betrachten zu lassen und zu merken, da ist noch mehr, was ich nicht erzählt habe.
Und dann mit dem eigenen Bauchgefühl und geradem Rücken weiter voran oder auch mal zurück zu gehen.

Vielleicht wäre ein WS wirklich eine interessante Erfahrung für dich.
Aber deine Entscheidung ist verständlich und zu respektieren.
Ich hoffe, du konntest Positives mitnehmen.
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#242988
dieses Thema wird auf Klargedingst auseinander analysiert....
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Re: Vorstellung "Beuteldieb und Hotzenplotz"

10 Jahre 5 Monate her
#243014
Redaries schrieb: dieses Thema wird auf Klargedingst auseinander analysiert....

Sollen sie doch! Vergiss nicht, wir sind ihre Daseinsberechtigung. Ohne uns kein Klargedingst! :lol:
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